Bielefeld (aut). Die Auswahl des neuen ständigen Vertreters von Oberbürgermeister Pit Clausen (SPD) wird zum politischen Zankapfel. Nachdem Clausen Umweltdezernentin Anja Ritschel (Grüne) für seine Stellvertretung vorgeschlagen hat, reklamiert die CDU den Posten für Baudezernent Gregor Moss (CDU). Gleichzeitig stellt sie die Kompetenz Ritschels in Frage. Ihre Rolle bei den teuren Falschberechnungen für die Lutter-Sanierung sei ungeklärt.
Als wichtigstes Argument für Moss, den der Stadtrat heute zusätzlich zum Wirtschaftsdezernenten ernennen soll, stellte CDU-Fraktionschef Ralf Nettelstroth aber heraus, dass das Thema Wirtschaft in der Verwaltungsspitze verankert werden müsse. Seit langem vermisse die Wirtschaft klare Ansprechpartner und Zuordnungen im Rathaus. Für Moss, dessen Vertrag im Dezember ausläuft und der seit 16 Jahren in Bielefeld die Bauverwaltung leitet, spreche zudem, dass er der dienstälteste Beigeordnete ist.
Die Initiative der CDU für Parteifreund Moss kommt nicht überraschend. Neue Munition liefert ihr der leidige Skandal um die Lutter-Sanierung. Hier hatten Umweltverwaltung und Gutachter etwa zehn Prozent der zu entwässernden Fläche in der Innenstadt zu wenig berechnet und falsche Schlüsse gezogen.
Nach den richtigen Werten muss das geplante Regenrückhaltebecken an der Teutoburger Straße doppelt so groß und mit vier Millionen Euro deutlich teurer werden. Hätte man dies bei der Entscheidung für das Becken gewusst, wäre die Alternative, die Lutter offen zu sanieren, günstiger gewesen.
"Welche Rolle hat Ritschel dabei gespielt?", fragt die CDU jetzt. Im Umweltbetrieb sei der Fehler bereits seit zwei Jahren bekannt. "Warum hat die Dezernentin die Politik nicht eher informiert?", fragt Nettelstroth: "Oder hat sie davon nichts gewusst?". Beides nähre Zweifel an der Arbeit der Umweltdezernentin, die mit der OB-Stellvertretung auch auf das Gehalt nach B 6 hochgestuft werden soll.
Der Betriebsausschuss erwarte bis Monatsende Auskünfte zu diesen Fragen, betonte der Vorsitzende Detlef Werner (CDU). Vorher sollte keine Beförderung von Anja Ritschel stattfinden. Bleibe der OB bei seinem Vorschlag, werde die CDU heute eine Vertagung beantragen.
Aber auch inhaltlich äußert die CDU Zweifel an Ritschel. Sie stehe als Umweltdezernentin bei den wichtigen Themen Wirtschaft und Gewerbeflächen eher für "Behinderungspolitik", wie das Beispiel Wahl & Co/Strothbachwald zeige. Moss dagegen sollte als Wirtschaftsdezernent in seiner Position hervorgehoben werden.