Mehr als 70 Minuten lang drehte sich gestern Abend im Stadtrat die Diskussion über Verkehrsmaßnahmen am Jahnplatz im Kreis. Bis Oberbürgermeister Pit Clausen (SPD) klar machte: »Wir haben keinen Spielraum. Wenn wir nichts gegen die überhöhten Schadstoffwerte in der Luft tun, gibt uns die Bezirksregierung Maßnahmen vor.«
Denn Clausen stellte fest: »Dann sind wir in der Pflicht zu liefern.« Der Oberbürgermeister sagte, er unterstütze die Forderung nach einer blauen Plakette (ältere Diesel müssen draußen bleiben). Mit dieser Forderung sei man aber bisher gescheitert.
Auslöser der Debatte: ein Antrag der CDU unter der Überschrift »Verkehrschaos verhindern«. Fraktionschef Ralf Nettelstroth führt aus, seine Partei wolle den Jahnplatz für alle Verkehrsteilnehmer offen halten. Zudem dürfe es auf Hauptverkehrsadern keine Tempo-30-Regelung geben – ebenso wenig eine Verringerung der Anzahl der Fahrspuren. Der Antrag wurde mit den Stimmen der Paprika-Koalition abgelehnt.
Vorher jedoch sah sich die CDU, unterstützt von der BfB und der FDP, einer breiten Front von Gegnern gegenüber. Hans-Jürgen Franz (SPD) betonte, er halte wenig von der Effektivität einer Grünen Welle und sprach von »Gesundbeterei.« Jens Julkowski-Keppler (Grüne) warf der CDU vor, Messwerte »zurecht biegen« zu wollen und erinnerte daran, dass EU-Recht gesetzliche Maßnahmen vorschreibe, wenn etwa die Stickoxid-Grenzwerte überschritten würden. Barbara Schmidt (Linke) nannte den CDU-Antrag »rückwärtsgewandt« und sagte: »Wenn wir nichts tun, dann macht es die Bezirksregierung.« Michael Gugat (Piraten) sagte, es gebe »kein Grundrecht für die Fahrt mit Verbrennungsmotor«. Seine Forderung: eine möglichst autofreie Innenstadt.
Dorothea Becker (BfB) wiederum erinnerte SPD, Grüne, Bürgernähe/Piraten an deren Koalitionsvertrag, in dem stehe, dass der »motorisierte Individualverkehr beruhigt« werden solle. Jasmin Wahl-Schwentker (FDP) sprang ihr bei: »Die Paprika-Koalition will den Autoverkehr zurückdrängen. Sie will den Menschen keine Alternativ-Angebote machen, sondern sie schikanieren.« Jan Maik Schlifter (FDP) sprach von »Eingriffen in die private Lebensführung«. OB Clausen stellte das Thema des Gesundheitsschutzes in den Mittelpunkt. Wenn der durch Überschreitung der Schadstoffwerte in der Luft gefährdet sei, müsse gehandelt werden – »mit Augenmaß.« Kritik, die Innenstadt sei womöglich nicht mehr erreichbar, wies er zurück.
Es gebe schließlich auch immer Ausnahmemöglichkeiten. Ziel sei es, die »Mobilitätsbedürfnisse der Menschen zu erfüllen«. Wenn die Stadt aber nicht handele, könne es zu Maßnahmen wie der Verhängung einer Umweltzone oder Fahrverboten kommen. Jan Maik Schlifters Zusammenfassung. »Da wurde wieder mal ein großes Fass aufgemacht.« Am Donnerstag, 11. Mai, steht der Jahnplatz wieder auf der Tagesordnung – in der Bezirksvertretung Mitte.